Hamburgs derzeit einzige Gevelsberger Kirmesgruppe

Am 27. April 2017 schafften wir es sogar in unsere Lokalzeitung. Wir danken der Westfalenpost (Klaus Bröking) für diesen starken Bericht.

GEVELSBERG. Bei der Jahreshauptversammlung gibt es eine Schweigeminute für Hans Albers und Kneipengäste spielen Schiedsrichter, wenn’s keine Mehrheit gibt. Es war eine Schnapsidee aus einer Bierlaune heraus. Das eindrucksvolle Ergebnis ist auf jeden Fall „Hamburgs derzeit einzige Kirmesgruppe“, die „KG Am plattdeutschen Strand“. Und wo Kirmes drauf steht – Sie haben richtig vermutet, liebe Leserin, lieber Leser – da ist ein Gevelsberger drin. Aber der Reihe nach: Anno 2006 standen einige Mitglieder Gevelsberger Kirmesgruppen zwischen Weihnachten und Neujahr wo? Natürlich an der Theke! Und einer von ihnen ließ den entscheidenden Satz fallen, der Kirmesgeschichte schreiben sollte: „Lass uns mal nach Hamburg fahren.“ Gesagt, getan. Eine zu vernachlässigende Zeit später standen die Vertreter des größten Volksfestes im Ennepe-Ruhr-Kreis auf der legendären Reeperbahn. Von der Elbe an die Ennepe heimgekehrt, gerieten die Ausflügler ins Schwärmen. Die Fahrt nach Hamburg wurde zur festen Einrichtung. Die Zahl der Reisenden auf neun beschränkt. Mehr passten nicht in den angemieteten Kleinbus.

Vereinslokal wurde zur Moschee

Der erste Schritt war getan, der Meilenstein aber erst erreicht, als man sich daran erinnerte, was die Pflicht und die Schuldigkeit eines guten Deutschen ist: „Einen Verein zu gründen“, wie es Michael Sichelschmidt sagt. Ein Vereinslokal für die Jahreshauptversammlung wurde in Hamburg schnell gefunden: Der „Treffpunkt“ in Altona. An ihm merkten die Kirmesfreunde aber auch, dass in einer Weltmetropole die Uhren schneller ticken als im beschaulichen Gevelsberg. Aus dem Vereinslokal wurde ein Schwulentreff. Das spürten die Gäste auch an den gestiegenen Getränkepreisen. Aber inzwischen ist der Treffpunkt zur Moschee geworden. Die von der „KG Am plattdeutschen Strand“ bevorzugten Getränke – „Astra-Bier aus der Flasche und Helbing-Kümmel aus dem kleinen Glas“ – sind nicht mehr zu bekommen.

Kein Vorsitzender älter als 59 Jahre

Also zogen die Kirmesfreunde in die Neue Bergkate um, die so klein ist, dass die zwei Tische, die für die Jahreshauptversammlung zusammengeschoben werden müssen, den kompletten Kneipenraum füllen. Aufgaben sind im Verein genug zu erfüllen. Gewählt wird zum Beispiel der erste Vorsitzende, der zu Beginn der Hamburg-Reise, warum auch immer, noch keine 60 Jahre alt sein darf. Das ist im Augenblick der Hammerschmied Bernd Matthäi, selbst ein ehemaliger Küstenbewohner und Muschel-Schubser, wie er für sich in Anspruch nimmt. Es gibt den Kassierer, auch nicht unwichtig, den Reiseleiter und den ersten Steuermann. Wenn es in einer Frage Unentschieden bei der Versammlung steht, dann werden die verblüfften anderen Gäste der Kneipe befragt. Was nicht fehlen darf: Eine Gedenkminute für Hans Albers.

Currywurst in Finkenwerder

Das ist genauso ein Ritual wie die Reise selbst. Um 8 Uhr wird der Kleinbus am Freitag abgeholt, genau eine Stunde später muss die Kirmesgruppe auf die Autobahn rollen. Nach der Ankunft in der Hansestadt geht es an den Landungsbrücken sofort auf die Fähre Richtung Finkenwerder. Im Dampfergrill wird die mexikanische Currywurst eingeworfen. „Wir haben gemerkt, dass dort nicht alles lange im Öl schmort, sondern frisch zubereitet wird“, erläutert Michael Sichelschmidt die kulinarische Kompetenz der Gruppe. Dann geht es zurück bis zum Museumshafen Övelgönne. Von dort aus sind es geschätzte fünf bis sechs Kilometer Fußmarsch bis zu den St. Pauli Landungsbrücken. Auf dem Weg sind natürlich noch die Hürden einiger im Weg aufgestellter Kneipen, darunter die legendäre Haifischbar, zu nehmen. Tapfere Gevelsberger.

„Dittsche“ oder „Mathilda“

Den Leichtmatrosen auf der Mathilda kennt man auch in Gevelsberg.

Am Samstag gelangen dann die Besucher zum Höhepunkt. Was in diesem Punkt nichts, aber auch gar nichts mit der Reeperbahn zu tun hat. Ein Höhepunkt einer Reise war zum Beispiel ein Besuch in jener Imbissstube, in der „Dittsche“ immer seine Scherze treibt, die Eppendorfer Grill-Station. Im vergangenen Jahr ging es mit dem Museumsschiff „Mathilda“ die Elbe hinauf bis nach Stade. Um 7 Uhr – eine unwirkliche Zeit für einen Kirmesfreund – schipperte das Boot dem Sonnenaufgang entgegen, bis nach fünf Stunden das Ziel erreicht war. Im nächsten Jahr wollen die Kirmesfreunde die Airbus-Werke stürmen und sich in diesem Jahr in Hagenbecks Tierpark darauf schon einmal vorbereiten.

Mit der Tarnkappe unterwegs

In Hamburg sind die Gevelsberger kaum als Touristen zu erkennen. Sie tarnen sich mit entsprechenden Käppis. Wer daran einen goldenen Anker trägt, ist ein Ehrenvorsitzende und damit 60 Jahre oder älter. Ergänzt wird die Kleidung durch ein entsprechendes T-Shirt. Die „KG Am Plattdeutschen Strand“ mit einem eigenen Festwagen beim Gevelsberger Kirmeszug zu erleben, das wird wohl ein Traum bleiben. „Da haben wir genug in unseren angestammten Gruppen zu tun“, nennt der an diesem Festtag viel beschäftigte Kirmesvereins-Vorsitzende Sichelschmidt den Grund: „Aber in Haspe sind wir schon einmal als Fußgruppe mitmarschiert.“ Und danach haben sie garantiert ein Fischbrötchen gegessen.

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